Unser erster Auftrag lautete einen Keller mit ca. 80 m² Grundfläche von einem Wasser-Heizöl-Gemisch zu befreien. Das war mit unseren Mitteln aber nicht möglich und somit kein Eingreifen mit unseren Kräften erforderlich. Sehr viele Gebäude im Einsatzgebiet sind mit taktischen Markierungen und Zusatzinformationen beschriftet. Sowas kennen viele von uns nur aus der Ausbildung.

Nach ersten Erkundungen im Einsatzgebiet haben wir begonnen einen Keller einer Seniorenresidenz zu entleeren. Das war vor der Flut bestimmt mal schön aufgeräumt, sah jetzt aber schlimmer aus als in der wildesten Messi Wohnung. Unsere Kameraden trugen dazu Papier-Vollschutz-Anzüge. Es sah aus, als hätte die Spurensicherungstruppe der Kriminalpolizei einen Massenauftritt.Im Keller roch es zum Glück nur nach frischem Beton ähnlich wie in einem Neubau, das hatten wir durchaus schlimmer erwartet.

Die Arbeit unter dem Vollschutzanzug und mit Maske war trotzdem eine anstrengende Tätigkeit, die wir, mit genügend Getränken und anschließender Behelfs-Dekontamination vor Ort (ca. 60 Minuten) beendeten. Nach Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit und "Abendbrot" gegen 22:00 Uhr gab es noch ein Feierabendbier und eine anschließende Dusche. Die Nacht verlief erstaunlich ruhig, obwohl die 400 bis 500 Einsatzkräfte, auf engstem Raum, ihr Bestes gaben und ganze Wälder etlichen Sägen zum Opfer fielen. An Tag zwei hat man uns "ausschlafen" lassen, was einige sehr genossen.

Wir sind froh, dass die Hilfsorganisationen die Möglichkeit hatten in Prio 3 schon gegen Corona geimpft zu werden. Unsere Fahrzeugbesatzung ist somit einigermaßen gut vorbereitet, zumal hier, aufgrund der Anzahl an Hilfskräften, ein organisatorisches und coronakonformes Miteinander nur schwer einzuhalten ist. Nicht auszudenken, wenn diese Katastrophe 6-12 Monate früher passiert wäre.Zusätzlich gibt es für die komplette "Truppe" eine eigene Corona-Teststation auf dem Gelände der Unterkunft.

Auch gegen andere auftretende Krankheiten bei einer solchen Schadenslage in so einem Gebiet ist die Feuerwehr Gettorf durch Zusatzimpfungen (z.B. Hepatitis) gut geschützt. Die Einheimischen arbeiten hier zum Teil nur in Badehosen, was bei dem Wetter zwar bestimmt angenehmer, aber aufgrund der doch hygienisch bedenklichen Umgebung höchst gesundheitsgefährdend ist. Die DRK Bereitschaften berichten von Nägeln, welche durch die Flip-Flops in die Füße getreten wurden und auch Splitterverletzungen sind wegen z. B. nicht getragener Handschuhe an der Tagesordnung. Wörter wie Tetanus, Corona, etc. scheinen ebenso wie die damit verbundenen Gefahren nicht bekannt zu sein oder werden zum Teil auch einfach in Kauf genommen, weil die Not größer zu seinen scheint als das eigene Sicherheitsempfinden.

Wir indes benutzen Desinfektionsmittel wie „Wasser". Glücklicherweise herrscht davon hier auch kein Mangel. Das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung ist für uns eine Selbstverständlichkeit, auch wenn das unsere Arbeit deutlich erschwert, aber Eigenschutz geht vor und wir wollen diesen Einsatz so gut wie möglich überstehen.Unser "Supermarkt" vor Ort heißt THW. Alles was benötigt wird, ist vorhanden. Sei es die vergessene Zahnbürste oder von Handfeger/Schaufel über Masken, bis hin zu Schutzanzügen, Handschuhen, Panzertape, Desinfektionsmittel, Schlafsäcken, Feldbetten usw.; hier bleibt kein Wunsch unerfüllt. Oft merkt man erst vor Ort was fehlt, was man hätte noch gebrauchen können und somit sind wir froh, diesen „Höker“ zu haben.

Heute am zweiten Tag wurde uns eine Räumeinheit des THW zugeteilt, inkl. Radlader und mehreren LKW. Das THW soll wohl heute etwas weiter oben auch "eingesetzt" werden, mehr wissen wir noch nicht. Wir erahnen aber, dass da etwas Größeres auf uns zukommen könnte. Wir wissen auch jetzt schon, dass es heute länger gehen wird. Die Verpflegung sollte aber kein Problem darstellen und wir würden auch noch nach Mitternacht warm verpflegt werden. Das lässt uns hoffen, dass es auch morgen wieder heißt, dass wir "ausschlafen" können.

Gestern haben wir gehört, dass von ehemals 72 Brücken in diesem Bereich angeblich 68 nicht mehr vorhanden oder befahrbar sind. Die Bundeswehr hat Behelfsbrücken gebaut. Mal sehen, ob unsere Fahrer auch in die Situation kommen diese mal zu benutzen. Der kürzeste Weg von A nach B ist in der Regel zwar eine Gerade, bedeutet aber hier vor Ort für uns immer enorme Umwege – gerade ist hier gar nichts mehr!

Die Stimmung ist nach wie vor hervorragend, auch wenn wir an Tag 2 noch viel mehr machen wollen würden, aber das ist durch die Führung noch nicht gewollt. Wir arbeiten daran. Vermutlich sind wir auch einfach noch zu fit, aber das kann sich hier bestimmt noch ändern.

So, dass war ein erster „kurzer“ Bericht. Mal sehen, wann es mehr gibt. Wir wollen uns jetzt gleich erst einmal ordentlich die Hände (und vermutlich auch alles andere) schmutzig machen.

 

Quelle: Jannichsen/FF Gettorf